Herrschende Paradigmen

Herrschende Paradigmen
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Gewinn und Ethik widersprechen sich nicht,
es kommt nur darauf an, wie man den Gewinn macht.

Ulrich Wickert, dt. Journalist und Autor

Was müssen Sie wissen?

Das Verhältnis von Wirtschaft und Ethik ist und war seit jeher ein Spannungsfeld. Schon Aristoteles hat zwei Formen von Wirtschaft unterschieden: die „Oikonomia“, dh die „natürliche Erwerbs- und Beschaffungskunst“, und „Chrematistike“, die Bereicherungskunst – das was wir heute als Gewinnmaximierung bezeichnen. Der feine Unterschied: Das Prinzip der Gewinnmaximierung wird heute in weiten Bereichen als Unternehmensziel anerkannt, auch wenn es zunehmend in Frage gestellt wird. Bei den alten Griechen war das anders: Aristoteles hat es strikt abgelehnt und „als nicht naturgegeben“ eingeschätzt, da damit das Streben nach Geld zum Selbstzweck werde und der Mensch sich so von seiner natürlichen Bestimmung, der elementaren Bedürfnisbefriedigung für ein gutes Leben entfremden würde.

Heute herrschen völlig unterschiedliche Vorstellungen und Paradigmen vor, was das Verhältnis von Ethik und wirtschaftlichem Handeln betrifft: Der Instrumentalismus, bei dem Ethik als Instrument der Gewinnerzielung dient, der Separatismus, für den Ethik und Wirtschaft zwei verschiedene Welten darstellen, der Ökonomismus, der auf das Primat der Ökonomie setzt, und die Spendenethik, bei der das unternehmerische Handeln am Prinzip der Gewinnmaximierung ausgerichtet ist und nachträglich dadurch gerechtfertigt wird, dass ein Teil der erwirtschafteten Gewinne für kulturelle, soziale und andere gute Zwecke verwendet wird. Alle vier derzeit praktizierten Ansätze werden von Peter Ulrich kritisiert, mit dem Argument, dass sie zu einem Reflexionstopp und einem „Zwei-Welten-Denken“ führen – frei nach der Devise – „Hier das Fressen, dort die Moral“.

Ethik und Wirtschaft: Herrschende Paradigmen
Abbildung: Ethik und Wirtschaft: Herrschende Paradigmen
Quelle: Thielemann, 2010

Peter Ulrichs Modell – das auch als Grundlage der Philosophie des Center for Responsible Management dient – basiert auf dem Ansatz der Integrativen Wirtschaftsethik. Sie besagt, dass Ethik den „Werteboden“ für jegliche wirtschaftliche und unternehmerische Handlungen darstellt. Gewinnorientierte und ethische Aspekte werden dabei miteinander vereint. Nach diesem Konzept bildet die Ethik die Grundlage für jegliches wirtschaftliche und unternehmerische Handeln, und ManagerInnen müssen in der Lage sein, ihre Entscheidungen und Handlungen den betroffenen Anspruchsgruppen gegenüber zu begründen.

Bei der Auseinandersetzung mit Wirtschaft kommt noch eines hinzu: Man muss drei Handlungsebenen unterscheiden, die in Diskussionen üblicherweise vermischt werden: Die Wirtschaftsethik, die das System auf Makroebene umfasst, d.h. die Wirtschaftsordnung; die Unternehmensethik, die sich auf der Mesoebene mit den Werten, Vorstellungen und Maßnahmen von Unternehmen und Organisationen befasst – und die Individualethik, d.h. die Mikroebene, die das Handeln von Einzelpersonen und deren Verantwortung in den Mittelpunkt stellt. (s. Abb.)

Darüber hinaus haben Unternehmen und Organisationen eine „ordnungspolitische Mitverantwortung“, d.h. es ist auch ihre Aufgabe, die Rahmenbedingungen positiv zu beeinflussen und z.B. auf Branchenebene Verbesserungen im Sinne aller zu erwirken. Dies ist umso relevanter, je größer ein Unternehmen ist.

Ethik und Wirtschaft – Drei Handlungsebenen
Abbildung: Ethik und Wirtschaft – Drei Handlungsebenen
Quelle: Thielemann, 2010

Was können Sie tun?

  • Sich aktiv mit Unternehmensethik auseinandersetzen
  • Unternehmensethik als Teil Ihres Unternehmens und seiner Grundhaltung annehmen
  • Über einzelne CSR-Programme hinausgehen
  • Mit anderen in Diskurs treten

Was können wir für Sie tun?

  • Vorträge und Workshops zu CSR und Unternehmensethik
  • Analyse und Erstellung einer „Ethik-Landkarte“ von Unternehmen und Organisationen
  • Einführung von Ethikinstrumenten – Ethik Kodex, Ethik Training etc.
  • Eid für Verantwortungsvolles Management zum Download

Weiterführende Literatur

  1. Noll, Bernd. 2002. Wirtschafts- und Unternehmensethik in der Marktwirtschaft. Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer
  2. Thielemann, Ulrich. 2009. System Error. Warum der freie Markt zur Unfreiheit führt. Frankfurt, M.: Westend.
  3. Ulrich, Peter. 2008. Integrative Wirtschaftsethik. Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie. 4., vollst. neu bearb. Aufl. Bern: Haupt.