Digitalisierung mit Verantwortung

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Das Wichtigste in der Digitalisierung ist das Nichtvergessen der Menschlichkeit.

Boddin, Dave

Was müssen Sie wissen?

Die Digitalisierung prägt unsere Gegenwart – und wird die Zukunft bestimmen. Innovationen wie künstliche Intelligenz (KI), Blockchain und Algorithmen-Systeme haben enormes wirtschaftliches Potenzial. Die Automatisierung von Industrien und Dienstleistungen macht effizient und schnell. Das wirtschaftliche Potenzial ist immens – und wurde durch Corona noch gesteigert und beschleunigt. Während in vielen Bereichen jahrelang über Digitalisierung diskutiert, aber wenig gehandelt wurde, ist sie jetzt in alle Lebensbereiche eingedrungen – von der Wirtschaft über die Bildung bis zum Privatleben.

Und doch: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Oder – wo Macht ist, ist Verantwortung. Diese Verantwortung ist ein kritischer Erfolgsfaktor für die digitale Transformation, ist sie doch mit Vertrauen seitens der Gesellschaft verbunden.

Gerade in europäischen Ländern ist die Sorge groß, dass digitale Produkte und Services auf private Informationen zugreifen, dass  unbefugt Profile von Nutzern erstellt werden, dass NutzerInnen durch Algorithmen klassifiziert und eingestuft werden – mit teilweise weit reichenden Konsequenzen, etwa bei der Vergabe von Krediten­ oder von Versicherungsverträgen. Die Folge: Es herrscht große Verunsicherung, nicht zuletzt aufgrund mangelnder Transparenz. Tempo und Omnipräsenz digitaler Methoden und Medien verstärken diese Unsicherheit, aber auch mangelnden Wissen im Umgang damit – eine Tatsache, die von so manchen Betreibern auch ausgenützt wird, wenn man an Entwicklungen im Content Marketing denkt. Dies verstärkt die ohnehin seit Jahren steigenden Vertrauensverluste, die letztlich den umfassenden Nutzen für Mensch und Gesellschaft, der mit innovativen Technologien verbunden ist, gefährden bzw. reduzieren.

Auf der Plus-Seite leisten digitale Technologien einen erheblichen Beitrag, etwa zum Klimaschutz:

  • z.B. im Bereich der industriellen Fertigung (Stichwort: Digitaler Zwilling)
  • z.B. in der Landwirtschaft (effiziente Bewässerung u.a.)
  • z.B. in der Mobilität (intelligente Verkehrssteuerung, Ampelsteuerung durch Sensoren und GPS-Systeme, smarte Logistik die Leerfahrten vermeidet, Sharing Mobility wie Car Sharing und Ride Sharing),
  • z.b. bei Gebäuden: Smart-Home-Technologien zum Energiesparen
  • z.B. im Arbeitsleben: Homeoffice, weniger Geschäftsreisen, weniger Büros

Gleichzeitig gibt es eine Reihe von Herausforderungen und Baustellen:

  • z.B. Automatisierung bei Fertigung (oder auch bei Übersetzungen von Texten) (ersetzt Arbeitsplätze, z.B. DolmetscherInnen)
  • z.B. Steuerung durch GPS (potenzielle Datenschutzprobleme)
  • z.B. Smart Home Technologien (erleichtert Datendiebstahl) 
  • z.B. Reduktion von Büroflächen (erhöht Leerstände)
  • z.B. Home Office und flexibles Arbeiten (verstärkt Vereinsamung)
  • z.B. Herstellung und Betrieb von IKT-Technologie (schafft hohe CO2-Emissionen)1

Wie geht man mit diesen Licht- und Schattenseiten um? Am besten – wie immer – durch Auseinandersetzung mit der normativen Dimension der Digitalisierung, die derzeit im Diskurs noch eher ausgeblendet wird. Denn – wie die ORF-Sendung „Digital.Leben“ als Motto gesetzt hat:  „Technologie ist dann interessant, wenn sie die Kraft hat, eine Gesellschaft zu verändern, dem Zusammenleben ein neues Gesicht zu geben. (…). In diesem Sinn: Die digitale Welt als Kulturphänomen.“

Um die Potenziale einer digitalen Transformation wirksam zu entfalten, ist es daher notwendig, neben dem Drei-Säulen-Prinzip der nachhaltigen Entwicklung (Triple Bottom Line Modell, siehe Nachhaltigkeit), vier zentrale Dimensionen zu betrachten: eine technologische, eine ökonomische, eine politisch-institutionelle und eine kulturelle Dimension. Das Zusammenspiel dieser vier Dimensionen zu verstehen und für eine nachhaltige Zukunftsentwicklung zu nutzen, bezeichnet das Wuppertal Institut als „Zukunftskunst“. D.h. im 21. Jahrhundert ist eine „digitale Zukunftskunst“ gefragt. (Quelle: forum-csr.net – s.u. Weiterführende Literatur).

Fazit (Scholz et al 2021): Die digitale Verantwortung von Unternehmen ist mehr als ein Schlagwort. Sie beschreibt das Streben nach dem richtigen Unternehmenshandeln und der Möglichkeit, im technologischen Zeit­alter verantwortungsvolles Handeln im Sinne aller zu gewährleisten. Unternehmen, die digitale Technologien für ihre Geschäftsmodelle nutzen, müssen daher für die gesellschaftliche Wirkung ihres Handelns Sorge tragen. Auf diese Weise können sie Vertrauen in ihre Produkte und Dienst­leistungen schaffen bzw. stärken – was gleichzeitig der bestehenden Skepsis gegenüber neuartigen Technologien entgegenwirkt.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen Unternehmen Maßnahmen ergreifen, mit denen sie einen umsichtigen Umgang mit digitalen Technologien einerseits und das Streben nach Wertschöpfung andererseits gewährleisten. Eine erfolgreiche Digitalethik für Unternehmen ruht dabei auf drei Säulen: kompetente und werte­bewusste MitarbeiterInnen, effektive Organisationsstrukturen sowie verantwortungsvolle Prozess­gestaltung. Je konsequenter die neuen Spielregeln der Digitalethik im alltäglichen Organisieren Geltung erlangen, desto glaubwürdiger ist das Unternehmen für seine KundInnen, GeschäftspartnerInnen und sonstigen Stakeholder.

1 Laut einer Bitcom-Studie von Accenture aus dem Jahr 2020 ist das Einsparpotenzial der digitalen Technologien fünf mal höher ist als der eigene Ausstoß.

Was können Sie tun?

  • Auseinandersetzung mit der normativen Ebene der Digitalisierung
  • Digitalethik – dh bei der Entwicklung internalisierte Reflexionsprozesse
  • Einbeziehung von ExpertInnen auf allen Ebenen
  • Alterozentrismus als Grundhaltung – dh Einnehmen der Perspektive der betroffenen Stakeholder

Was können wir für Sie tun?

Weiterführende Literatur

  1. Bertelsmann Stiftung, Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik. 2020. Unternehmensverantwortung im digitalen Wandel. Ein Debattenbeitrag zu Corporate Digital Responsibility. Bertelsmann.
  2. Englert M., Pföhler J. 2019. Digitale Zukunftskunst – Der Weg zu einer nachhaltigen Digitalisierung. https://www.forum-csr.net/News/13658/Digitale-Zukunftskunst.html
  3. Scholz R., Beckedahl M., Noller S., Renn. O. 2021. DiDaT Weißbuch. Verantwortungsvoller Umgang mit digitalen Daten – Orientierungen eines transdisziplinären Prozesses. Nomos