Corporate Citizenship

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Man wird zu dem, dem man seine Aufmerksamkeit schenkt.

Epictetus

Was müssen Sie wissen?

Corporate Citizenship bedeutet, dass sich Unternehmen über die eigentliche – ebenfalls verantwortungsvoll zu praktizierende – Geschäftstätigkeit hinaus als „guter Bürger“ aktiv für die lokale Zivilgesellschaft oder z.B. für ökologische oder kulturelle Belange engagieren. Corporate Citizenship als Begriff ist in den USA entstanden und wurde bzw. wird dort als Teil von Public Affairs-Strategien gesehen.

Im deutschen Sprachraum wird der Begriff in wissenschaftlichen und politischen Diskursen sowie von Unternehmen selbst nicht eindeutig verwendet und steht in teils unklarer Abgrenzung zu verwandten Begriffen wie „Corporate Responsibility“ oder „Corporate Social Responsibility“. Grundsätzlich gilt aber, dass es dabei um die Rolle des Unternehmens in der und das Engagement für die Gesellschaft geht.

Die Diskussion um Unternehmen und ihre Rolle bzw. Verantwortung in der Gesellschaft gibt es schon sehr lange. So wurde bereits im Mittelalter das Prinzip des „Ehrbaren Kaufmanns“ festgelegt und als Leitlinien der Hanse und Fugger verankert. Seither ist diese Diskussion aus dem gesellschaftlichen Diskurs nicht mehr wegzudenken.

Essenziell bei Corporate Citizenship ist die Tatsache, dass es sich um Engagement außerhalb des eigentlichen Unternehmenskerns handelt, aber trotzdem zu den verpflichtenden CSR-Strömungen zählt. Laut Definition der EU-Kommission versteht man unter Corporate Citizenship die „Gestaltung der Gesamtheit der Beziehungen zwischen einem Unternehmen und dessen lokalem, nationalem und globalem Umfeld“. In Zeiten, wo der Staat allein nicht mehr Garantie für Ordnung sein könne, sei unternehmerisches Bürgerengagement zusehends wichtiger für die Gestaltung des Gemeinwesens (Kommission der europäischen Gemeinschaften 2001).

Damit geht einher, dass Unternehmen sich überlegen müssen, in welcher Rolle sie auftreten und mit wem sie als „Corporate Citizen“ kooperieren möchten. Unternehmen verlassen damit den ihnen angestammten Bereich der wirtschaftlichen Kompetenz und wagen sich in neue, ihnen inhaltlich unbekannte Felder, die einerseits neue Erkenntnisse und Grundlage für Innovation darstellen können, aber auch ein Risiko des Scheiterns in sich tragen.

Aus dieser Haltung heraus haben Habisch, Schmidpeter und Neureiter drei Stufen der möglichen Tiefe von Corporate Citizenships entwickelt. Je nach Dauer und entsprechender gesellschaftlicher Wirkung haben Unternehmen die Möglichkeit, sich zunehmend zum „guten Bürger“ zu entwickeln. Stellt Stufe 1 lediglich Finanzmittel in Form von Sponsoring dar, so wird in der zweiten Entwicklungsstufe bereits in Form einer Kooperation gemeinsam an guten Lösungen gearbeitet. Stufe 3 in diesem Ranking entspricht schließlich der Umgestaltung relevanter Institutionen. (Habisch et. al. 2008)

Die Autoren beschreiben, dass es sich bei Corporate Citizenship um „bereichsübergreifende Kooperationsprojekte zwischen Unternehmen und mindestens einem Partner aus einem anderen gesellschaftlichen Bereich, die auf die Lösung gesellschaftlicher Probleme bezogen sind“, handelt, wobei besonderes Augenmerk auf der Form der Kooperation und dem gegenseitigen Umgang liegt.

Somit ist klar: Corporate Citizenship geht über reine Philantropie, d.h. reines Spendentum hinaus. Es basiert auf verantwortungsvollem Unternehmertum, d.h. Übernahme der Verantwortung auch im Kerngeschäft, bewegt sich aber mit seinen Handlungen außerhalb des Kerngeschäfts. Darum ist es umso wichtiger, sich bereits in der Planungsphase mit seiner eigenen Rolle und Verantwortung, aber auch mit deren Grenzen zu befassen. Corporate Citizenship bedeutet so z.B. dass es sehr wohl zu den Pflichten eines „Bürgers“ Unternehmen gehört, adäquate Steuern zu zahlen, dass es aber nicht Unternehmensaufgabe ist, z.B. Gesundheitseinrichtungen zu führen, da dies – zumindest in Westeuropa – Rolle des Staates ist.

Diese Auseinandersetzung ist essenziell, damit Corporate Citizenship nicht dazu führt, der Gesellschaft „etwas zurückzugeben“ – eine oft gehörte Phrase, die impliziert, dass ihr zuvor etwas weggenommen wurde. Dieser Reflexionsprozess, was Verantwortung des eigenen Unternehmens ist und was nicht bzw. in welcher Reihenfolge Verantwortung und Verantwortlichkeit zu sehen ist, was von einem Unternehmen erwartet wird und was verpflichtend ist, ist oft nicht leicht, aber essenzielle Basis für Glaubwürdigkeit und Vertrauen.

Erwartungen von KonsumentInnen an Unternehmen

(in dieser Reihenfolge!)

1 Verantwortungsbewusster Umgang mit direkten Stakeholdern
(d. h. KundInnen, MitarbeiterInnen, InvestorInnen, LieferantInnen)

2 Unternehmenserfolg

3 Umgang mit anderen Stakeholdern

4 Gesellschaftliches Engagement (Corporate Citizenship)

(Quelle: Harvard Business Manager)

Was können Sie tun?

  • Ernsthafte Auseinandersetzung mit Corporate Citizenship, seinen Möglichkeiten aber auch potenziellen Problemen
  • Keine spontanen und unreflektierten ad-hoc Programme (die vielzitierten „Leuchtturmprojekte“)
  • Vorher überlegen was man soll und will und danach erst überlegen, wer dazu passen könnte (oder ob es bessere Alternativen gibt, seine Ziele zu erreichen)
  • Corporate Citizenship immer in Zusammenhang mit ethikbasiertem Stakeholder Engagement betrachten und praktizieren

Was können wir für Sie tun?

  • Beratung und strategische Unterstützung
  • Seminare und Know-how über Corporate Citizenship, dessen Grenzen und Voraussetzungen
  • Unterstützung bei der Suche nach dem richtigen Partner und Thema
  • Unterstützung bei den damit verbundenen Stakeholder Prozessen

Weiterführende Literatur

  1. Beschorner, T. 2008. Corporate Social Responsibility und Corporate Citizenship.
  2. Crane A., Matten, D., Glozer, S., Spence, L. 2019. Business Ethics: Managing Corporate Citizenship and Sustainability in the Age of Globalization. ‎ Oxford University Press
  3. Habisch, A. Schmidpeter, R. Neureiter, M. 2008. Handbuch Corporate Citizenship. CSR für Manager. Springer
  4. Schrader, U. 2003. Corporate Citizenship. Die Unternehmung als guter Bürger?. Logos