Greenwashing Prävention

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Wenn ein Schwarz-Weiß-Denker auf einen Schönfärber trifft, hagelt es unweigerlich Vorurteile.

Ernst Ferstl, österr. Autor

Was müssen Sie wissen?

Unternehmen werden oft mit Greenwashing-Vorwürfen konfrontiert – fast schon reflexartig. Und das in vielen Farben: White-Washing, Blue-Washing, Local-washing, SDG-Washing, Impact-Washing. Vieles davon ist vermeidbar, wenn man die wichtigsten Grundlagen berücksichtigt. Aktive Greenwashing Prävention zeigt Ursachen auf und hilft dabei, von vornherein so zu agieren und zu kommunizieren, dass diese Vorwürfe erst gar nicht entstehen.

Basis dafür ist eine Auseinandersetzung, was Greenwashing wirklich ist, welche Indikatoren dahinterliegen und wie die RezipientInnen agieren bzw. was sie unter Greenwashing verstehen. Nur dann wird klarer, was notwendig ist, um Greenwashing-Prävention zu betreiben. Es hilft dabei, die richtigen Fragen nach innen zu stellen, aber auch zu wissen, wann man sich Hilfe und den Blick von außen holt.



Abb.: Quelle: http://www.ourbreathingplanet.com/greenwashing-et-al/

Wie die Abbildung zeigt, hat Greenwashing ein klares Charakteristikum: Es geht um intendierte Beschönigung der Realität. Der Begriff Greenwashing bezog sich ursprünglich auf eine suggerierte Umweltfreundlichtkeit, findet mittlerweile aber generell für suggerierte Unternehmensverantwortung Verwendung. Greenwashing „bezeichnet den Versuch von Unternehmen, durch Marketing- und PR-Maßnahmen ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne allerdings entsprechende Maßnahmen im Rahmen der Wertschöpfung zu implementieren.“ (Quelle: Gabler, Wirtschaftslexikon).

Einige der markantesten Signale und Indikatoren sind das Hervorheben einzelner umweltfreundlicher Leistungen, Aktivitäten oder Produkte mit deutlich erhöhtem PR-Aufwand, zB. in Form von Presseaktionen oder Werbekampagnen.

Häufig sind die dabei getroffenen Einzelaussagen – zum Beispiel über ein neues, umweltfreundliches Produkt oder Verfahren des Unternehmens – zwar korrekt, decken aber nur einen geringen Teil der Unternehmensaktivitäten und -produkte ab, während das Kerngeschäft nach wie vor gleichbleibt.

Die häufigsten Greenwashing-Strategien:

  • Anzeige- und Werbekampagnen (generell geringe Glaubwürdigkeit von Marketingmethoden)
  • Hope Stories (zB Gentechnik-Soja gegen Hunger in der Welt)
  • Übernahme von Öko-Jargon, Umbenennungen (z.B. Gentechnologie zu Biotechnologie, Atomenergie zu Kernenergie, Windscale zu Sellafield)
  • Modellprojekte, “Leuchtturm”-Projekte (oft Alibi-Projekte)
  • Einbeziehung anderer „glaubwürdiger“ Fürsprecher (Third Party Testimonials)
  • Gründung von „Frontgroups“ (z.B. Forum Mobilkommunikation zu EMVU)
  • Öffentlichkeitswirksam inszenierte Partnerschaften bzw. Dialoge mit
    Umwelt- und Sozialorganisationen (Instrumentalisierung)
  • Ökozertifizierungen (z.B. Urananreicherungsanlage Urenco in Gronau ist
    EMAS-zertifiziert, AKW Fessenheim ist ISO-zertifiziert)
  • Ökopreis-Verleihungen (v.a. wenn dort niedrige Standards verlangt sind oder keine unabhängigen Fachjurys vorhanden sind)

Die wahrscheinlich häufigste Erscheinungsform von Greenwashing ist das Herausfiltern richtiger Aussagen bei gleichzeitiger Ausblendung relevanter Kausalitäten oder klassisch negativer Effekte – dh eine Selektion zugunsten des Unternehmens, die in der PR-Praxis gang und gäbe ist. Eine weitere Form ist ein prophylaktisches Greenwashing: Ein Argument wird gestreut, um zukünftigen Gegenargumenten vorzubeugen und einen Wahrnehmungsvorteil zu entwickeln – oder das, was als „deep Greenwashing“ bezeichnet wird: Aktives Hervorheben der eigenen Verantwortung oder Nachhaltigkeit bei gleichzeitigem Lobbying gegen Verschärfungen auf rechtlicher Ebene, die das Unternehmen betreffen könnten.

Drei Strategien sind zudem sehr oft an der Grenze zu Greenwashing angesiedelt:

  • Cause Related Marketing-Aktionen, d.h. die Verknüpfung von Produktverkauf und Spende an eine Organisation
  • CO2 Offsetting, dh Kompensationszahlungen für eigene CO2-Emissionen
  • Erstellung eigener Gütesiegel ohne dahinterliegende objektivierbare Kontrollmechanismen durch unabhängige Prüfinstanzen

Alle drei Strategien haben eines gemeinsam: Sie sind nicht darauf ausgelegt, die Probleme am Kern (dh am eigenen Unternehmenskern und dessen Auswirkungen) anzugehen und zu beheben, sondern lagern die Probleme aus – oder lenken davon ab. Bei Cause Related Marketing ist zwar oft eine positive Motivation gegeben, doch die Kombination aus Produktverkauf und Spende durch die KonsumentInnen führt bei diesen potenziell zu Skepsis und Misstrauen. Zudem herrschen hier oft Intransparenz, sowohl gegenüber den KonsumentInnen, weil die reale Spendenhöhe nicht entsprechend klar kommuniziert wird, als auch gegenüber den NGO-PartnerInnen, die zwar eine Spende erhalten, nicht aber wissen, inwieweit der Verkauf aufgrund der Verwendung ihres Logos gestiegen ist – was in den meisten Fällen und den meisten Studien zufolge, sehr wohl der Fall ist. Mehr unter Cause Related Marketing

Auch farblich wird es immer bunter: Neben dem breiten Begriff des Greenwashings, das sich wie erwähnt auf vorgetäuschte Unternehmensverantwortung bezieht, oft allerdings nach wie vor ökologische Verantwortung im Fokus hat, gibt es eine Reihe anderer Farbspiele:

  • White-Washing: „clean slate“
  • Blue-Washing : UNO-Logo (Global Compact)
  • Pink-Washing: pink ribbon (USA), LGBT-Bewegung nutzen
  • Local/Regional-Washing: lokale/regionale Herkunft als Wettbewerbsvorteil
    („regional“ ist in Österreich nicht gesetzlich definiert)
  • Impact-Washing: Finanzprodukte, die positive Auswirkung vorgeben

Um Greenwashing zu erkennen – und in der Folge zu vermeiden –, gibt es eine Reihe von Indikatoren, die wir bei unseren Greenwashing-Analysen heranziehen.

Vor allem die PR-Branche hat hier eine besondere Verantwortung, denn KommunikatorInnen haben 2 Aufgaben: Sie sind Sprachrohr nach außen, aber auch Korrektiv nach innen, sogenannte “Glaubwürdigkeits-Gatekeeper” (Hoffjann 2013). Dies bedeutet, dass sie bei geplanten PR-Aktionen hinterfragen müssen, ob das was kommuniziert werden soll, wirklich der Realität entspricht.

Darum gelten drei Grundregeln für Greenwashing-Vermeidung:

1. Kennen Sie die Auswirkungen Ihres Unternehmens und Ihrer Produkte
und übernehmen Sie Verantwortung dafür (s. CSR-Definition der EU)

2. Kennen Sie Ihr Gegenüber und seine Bedürfnisse
(Stakeholder-Perspektive, Alterozentrismus als Grundhaltung)

3. Bauen Sie Reflexionsprozesse ein (= Unternehmensethik, Responsible Communication) und holen Sie sich kritische Sicht von außen (Greenwashing-Checks und Beratung von außen)

Was können Sie tun?

  • Sich mit Greenwashing-Kriterien auseinandersetzen
  • Die drei Grundregeln der Greenwashing-Vermeidung befolgen (s.o.)
  • Jegliche Kommunikation aus der Außensicht beurteilen
  • Hilfe und einen kritischen Spiegel von außen holen

Was können wir für Sie tun?

  • Vorträge und Inhouse-Seminare über Greenwashing
  • Kommunikationsanalysen nach Credibility-, Greenwashing- und Responsible Communication-Kriterien
  • Greenwashing-Checks und -Vermeidungsstrategien
  • Credibility-Workshops

Weiterführende Literatur

  1. Hartmann, K. 2018. Die grüne Lüge: Weltrettung als profitables Geschäftsmodell. Karl Blessing Verlag.
  2. Schad, M. 2019. Green Marketing vs. Greenwashing. Weltrettung als Marketingstrategie. Science Factory
  3. Seele, P. 2007. Is Blue the new Green?
    Colors of the Earth in Corporate PR and Advertisement to communicate Ethical
    Commitment and Responsibility, CRR Working Paper