Ethical Reporting

CSR-Berichte, Nachhaltigkeitsberichte

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Ein CSR-Bericht ist nicht glaubwürdiger als die Glaubwürdigkeit, die sich ein Unternehmen in der Realität erarbeitet hat.

Prof. Dr. Andreas Troge, Präsident des deutschen Umweltbundesamtes

Was müssen Sie wissen?

Nachhaltigkeitsberichte sind ein Spiegel der CSR-Strategie eines Unternehmens. Mindestens so wichtig wie der Inhalt ist das WIE, d.h. nicht die äußere Form, sondern der inhaltliche Stil und Zugang zum Thema.

Nachhaltigkeitsberichte sind per se Einwegkommunikation. Sie bergen das Risiko, dass ManagerInnen der Illusion unterliegen, die Aufnahme der Stakeholder steuern zu können und somit durch Nachhaltigkeitsberichte eine aktive Kontrolle über das Bild zu haben, das sich RezipientInnen von ihrem CSR-Engagement machen.1 Dieser starke Fokus auf Kontrollierbarkeit der Ergebnisse prägt in vielen Unternehmen die Wahl der Kommunikationsmittel und -kanäle in der CSR-Kommunikation, führt aber in ein Glaubwürdigkeitsdilemma, nicht zuletzt weil oft die zwei Kernaspekte für Glaubwürdigkeit fehlen: Selbstkritik und die Stimme von anderen.

1 Vgl. Crane / Livesey (2003)

Warum sind diese beiden Aspekte so wichtig? Die Antwort dafür liefert u.a. die „Erwartungs-Widerlegungs-Hypothese“2: RezipientInnen erwarten automatisch, dass ein/e Kommunikator/in eine Botschaft in ihre bzw. seine Richtung verzerrt, d.h. die Situation beschönigt. Tut er oder sie das nicht, d.h. geht jemand selbstkritisch und ehrlich in einen Dialog, nimmt die Akzeptanz der Botschaft rapide zu. Hinzu kommt, dass KommunikatorInnen, die ausschließlich positive Botschaften übermitteln, als unaufrichtig und weniger kompetent und sachverständig beurteilt werden als diejenigen, die (selbst)kritisch sind.

Das heißt konkret, dass die Problembereiche der Unternehmen angesprochen werden müssen, da sie in den Köpfen der RezipientInnen ohnehin vorhanden sind. Bleiben sie unerwähnt und wird so wie derzeit primär auf Problemlösungen fokussiert, anstatt die Schwierigkeiten auf dem Weg dort hin zu schildern, führt das zu einem Glaubwürdigkeitsdefizit.3

Die zweite große Herausforderung ist die Tatsache, dass bei Nachhaltigkeitsberichten in der Praxis selten externe Stimmen zu Wort kommen, die die Eigen-Darstellung der Unternehmen bestätigen. Dies geschieht wenn dann in werblicher Form, die wiederum per se sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit innehat.

Das Ziel eines Nachhaltigkeitsberichts ist aber Vertrauen und Legitimation. Darum sind Testimonials zentral für die Wirkung – vorausgesetzt es handelt sich um echte Testimonials, d.h. Personen die auch sonst im Stakeholder Management eine aktive Rolle spielen und deren Meinung nicht beeinflusst wird. Damit demonstriert ein Unternehmen auch, dass es auf seine Stakeholder hört, es gibt Raum für die Themen und Befürchtungen der Stakeholder und erzielt somit einen doppelten Glaubwürdigkeitseffekt:

  • aufgrund des Procederes, d. h. der Bereitschaft zu Selbstkritik sowie
  • aufgrund des „Fremdattests“, d. h. durch Testimonials von außen.

DIE ETHICAL REPORTING PRINCIPLES DES CENTER FOR RESPONSIBLE MANAGEMENT

Die Global Reporting Initiative hat sich zum Standard für Nachhaltigkeitsberichte in Europa entwickelt. Die GRI-Richtlinien geben den inhaltlichen Rahmen, d.h. die Indikatoren und deren Gewichtung vor, inklusive einem Procedere zur Bestimmung der relevanten Themen. Das bedeutet, ihr Fokus ist das WAS – was sie nicht erfüllen, ist das WARUM und das WIE.

Darum hat das Center for Responsible Management die Ethical Reporting Principles entwickelt, die in Ergänzung zu GRI gedacht sind und genau diese zwei Dinge im Fokus haben: Eingehen auf das WARUM, dh die Motive und Grundhaltung, und die richtige Tonalität.

Damit haben die Ethical Reporting Principles die zwei essenziellen Ziele der CSR-Kommunikation im Fokus: Glaubwürdigkeit und Legitimation. (s. Abb.)4

Ein glaubwürdiger Bericht setzt Kompetenz sowie Vertrauenswürdigkeit voraus. Beides verlangt ausgewogene Information statt einseitiger Berichterstattung aus der Eigenperspektive sowie Selbstkritik bzw. erkennbare Selbstreflexion, dh Eingehen auf Problembereiche und die eigene Verantwortung dafür. Legitimation wiederum erfordert ethisches Handeln sowie Bereitschaft zu echtem Dialog mit den Stakeholdern und keine vorgefassten Themen, die man einer Feedbackrunde unterzieht, was derzeit in der Nachhaltigkeitsberichterstattung Usus ist und die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung unterminiert.

Wie erreichen wir nun diese vier Voraussetzungen für glaubwürdige Nachhaltigkeitsberichte? (Kurzzusammenfassung und Grobskizze, Langversion je nach Unternehmen und Branche individuell auszuarbeiten)

VoraussetzungenMögliche Maßnahmen und Elemente im Bericht (Beispiele)
Einbringen der gesellschaftlichen Sicht• Durch Ansprechen der großen Herausforderungen und Fragestellungen und große Themen von außen im Vorstandsvorwort
• Durch Statements von Stakeholdern bei den Rahmenbedingungen
Bereitschaft zur Selbstkritik• Durch selbstkritisches Editorial
• Durch Zeitleiste der Herausforderungen
Ethik als Basis für Denken und Handeln• Durch Ansprechen der wichtigsten Problembereiche und Dilemmata
• Durch Skizzierung, wie damit umgegangen wird (z.B. Strategie Menschenrechte)
• Durch Darstellung der Wertschöpfungskette
Diskursorientierung• Durch Clusterung der Hauptthemen nach Stakeholdern
• Durch Einbringen der Stakeholder-Meinungen und –Zitate (nicht editiert)
• Durch Berücksichtigung der Stakeholder-Anliegen
• Durch Weiterführung mit interaktiven Dialogelementen (z.B. Blog mit Beiträgen von Projektverantwortlichen und Mitarbeitern weltweit, Videoelemente, Vorstandschat etc.)

2 Vgl. Eagly et al 1981

3 Vgl. Mast & Fiedler 2005

4 Faber-Wiener, 2011: Responsible Communication, vom Kommunikations- zum Verantwortungsmanagement. Das Konzept von „Responsible Communication“ als neue, ethikbasierte Form der Kommunikation. Veröffentlicht bei Springer-Gabler im September 2013, ISBN 978-3-642-38941-2

Was können Sie tun?

  • Aufsetzen von CSR- und Nachhaltigkeitsberichten nicht nur nach dem GRI-Standard, sondern auch nach den Ethical Reporting Principles
  • Unterstützung und Sparring Partner dafür holen (s.u.)
  • Echter, ethikbasierter Stakeholder-Diskurs anstatt Schein-Dialogen bzw. reinen Feedbackrunden, bei denen die Stakeholder instrumentalisiert bzw. überfordert sind und die zudem keine substanziellen Erkenntnisse schaffen

Was können wir für Sie tun?

  • “Blattkritik” – Analyse von Nachhaltigkeitsberichten und Aufzeigen von potenziellen Glaubwürdigkeits- und Greenwashing-Fallen
  • Strategische Begleitung und Coaching bei Berichtserstellung (Basis: GRI und Ethical Reporting Pinciples)
  • Ethikbasierte Stakeholder Einbindung (incl. Stakeholder Mapping)
  • Konzeption und Begleitung des Wesentlichkeitsprozesses

Weiterführende Literatur

  1. Coudenhove B., Faber-Wiener G. 2016. Reverse Stakeholder Engagement – Ethikbasiert statt machtorientiert. Springer
  2. Faber-Wiener, G. 2013. From Reputation Management to Credibility Management. Konferenzbeitrag International CSR Communication Conference, Aarhus
  3. Brugger, F. 2008. Unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation – Ansätze zur Stärkung unternehmerischer Nachhaltigkeit. Centre for Sustainability Management, Lehrstuhl für Nachhaltigkeitsmanagement, Lüneburg, Leuphana Universität
  4. Crane, A., Livesey, L. 2003.Are you talking to me? Stakeholder communication and the risks and rewards of dialogue, in: Andriof et al. (Hrsg.). Unfolding Stakeholder Thinking: Relationships, Communication Reporting and Performance. Greenleaf
  5. Lock I., Seele P. 2017. Measuring Credibility Perceptions in CSR Communication: A Scale Development to Test Readers’ Perceived Credibility of CSR Reports. Management Communication Quarterly