Nachhaltigkeit

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Bei allem, was man tut, das Ende zu bedenken, das ist Nachhaltigkeit.

Eric Schweitzer (*1965), ALBA-Chef  – Quelle: Süddeutsche Zeitung

Was müssen Sie wissen?

Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde. Und doch wird der Begriff Nachhaltigkeit – blickt man genauer hin – austauschbar verwendet – einmal meint man langfristig, einmal wirkungsvoll, sehr oft ist einfach umweltfreundlich damit gemeint. Der Anspruch ist aber viel höher. Nachhaltigkeit bedeutet generationenübergreifendes Denken und Handeln, und das schließt alle drei Ebenen mit ein: ökologisch, ökonomisch und sozial.

Trotz der Omnipräsenz des Begriffs kennen die wenigsten seine Ursprünge. Nachhaltigkeit ist ein forstwirtschaftliches Prinzip und geht auf Hans Carl von Carlowitz aus Sachsen zurück, der 1713 die Schrift „Sylvivultra Oeconomica“ verfasste. Er forderte darin, nur so viel Holz zu schlagen wie wieder nachwachsen kann, um den Waldbestand für die Nachgeneration zu schützen. Er erfand dafür den Begriff „nachhaltend“.1

1 Von Carlowitz, 1732, S. 73

1980 wurde dann der Begriff „Nachhaltige Entwicklung“ („Sustainable Development“) geprägt, und zwar in der von der UNESCO  gemeinsam mit der UNEP veröffentlichten „World Conservation Strategy“. Allerdings bezog sich Nachhaltigkeit dabei in erster Linie auf Umweltthemen.2

Heute wird vor allem die Definition des sogenannten Brundtland-Berichts von 1987 verwendet: „Humanity has the ability to make development sustainable- to ensure that it meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.”3 Frei übersetzt bedeutet es, dass die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden sollen, ohne zukünftigen Generationen die Möglichkeit zu nehmen, ihre eigenen Bedürfnisse in gleicher Weise zu befriedigen.

Dieser nach Gro Harlem Brundtland benannte Bericht wurde von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (World Commission on Environment and Development, WCED) als Schlussbericht mit dem Titel „Unsere gemeinsame Zukunft“ veröffentlich und hatte als Ziel, die Brücke zwischen wirtschaftlicher Weiterentwicklung und Umweltschutz aufzuzeigen.4 Dabei bedeutet Nachhaltigkeit einen „Entwicklungsweg- als ein Wachstumsprozess-, der die Handlungsmöglichkeiten kommender Generationen nicht schon heute einschränkt.“ 5 Diese dauerhafte Entwicklung kann lt. Brundtland-Bericht nur dann entstehen, wenn die Grundbedürfnisse Aller befriedigt werden und Armut und Ungerechtigkeit bekämpft werden, da sie die Auslöser für ökologische und andere Krisen darstellen.

Fünf Jahre später fand in Rio die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung statt, die in die Agenda 21 mündete. Diese Konferenz stellte die ökonomischen, ökologischen und sozialen Ziele als gleichrangig fest und legte somit den Grundstein der „Triple Bottom Line“ als Basis für Nachhaltigkeit. Diese „Triple Bottom Line“ wird im deutschsprachigen Raum als „drei Säulen Modell“ bezeichnet und wird von Institutionen, ÖkonomInnen und WissenschaftlerInnen als Basis für Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung genannt.

Im Gegensatz zur „single bottom line“ – gemeint ist der rein ökonomische Unternehmenserfolg – müssen alle drei Aspekte: Ökonomie, Ökologie und Soziales – gleichermaßen beachtet werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu erzielen.6 Damit ist Nachhaltigkeit etwas, „das standhält, das auf Dauer angelegt ist, das resilient ist und damit gegen den ökologischen, ökonomischen und sozialen Zusammenbruch schützen soll.“

Dieses Drei-Säulen-Modell ist nicht unumstritten. Einerseits verlockt es dazu, die drei Säulen als Strategie zu verstehen, frei nach dem Motto: Wir arbeiten die Kriterienliste auf allen drei Ebenen ab und dann ist alles gut. Das führt zu eingeschränkter Sichtweise, die Reflexion zumeist ausschließt. Eine andere Kritik bemängelt die Vernachlässigung der Generationen- und Globalperspektive. Zudem ist nach manchen KritikerInnen ein gleichwertiges Beachten der drei Säulen in der Praxis nicht möglich. Die ökologische Komponente muss den anderen beiden Bereichen übergeordnet werden, da erst eine intakte Natur Leben ermöglicht. Der soziale Bereich macht „das Leben für den Menschen lebenswert“ und steht daher über der Wirtschaft. Die Wirtschaft kann in diesem Zusammenhang als Hilfsmittel zur Gestaltung des Sozialen gesehen werden und sollte ökologische Grenzen einhalten. (Kromp-Kolb, 2020, s. Abb.)

Abbildung: Adaptiertes 3-Säulen-Modell in Anlehnung an Kromp-Kolb (2020)

Sowohl die österreichische Nachhaltigkeitsstrategie „ÖSTRAT“ von 2010[1], als auch der deutsche Nachhaltigkeitskodex „DNK“ basieren auf der Definition des Brundtland-Berichts und der darauf aufbauenden Agenda 21. Diese soll allen Nationen als Leitlinie, Ziele und Handlungsweisen dienen, um sich den umweltrelevanten, sozialen und wirtschaftlichen Problemen der Zeit anzunehmen und sich gleichzeitig auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Somit basiert sie auf dem drei Säulen Modell.

Die Agenda 21 wurde 2015 von der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung abgelöst. Mit ihr entstanden die „Sustainable Development Goals (SDGs)“, die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO, die zum Handeln auffordern. Dabei sind 5 Themen übergeordnet, die 5P’s: People, Planet, Prosperity, Peace, Partnership. (Menschen, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft.)  Damit hat sich das Thema der Nachhaltigkeit global weiterentwickelt und ist umfassender geworden.

Eine wirtschaftliche, aber nicht wissenschaftliche Definition, liefert Pufé 2014 mit dem mittlerweile berühmten Zitat „Nachhaltigkeit bedeutet, nicht Gewinne zu erwirtschaften, die dann in Umwelt- und Sozialprojekte fließen, sondern Gewinne bereits umwelt- und sozialverträglich zu erwirtschaften“.  Diese Erklärung des Begriffs Nachhaltigkeit steht in einem engen Zusammenhang mit dem Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) und fokussiert auf die Verantwortung von Unternehmen. Man könnte auch sagen, CSR ist der unternehmerische Beitrag zur Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ist ein normatives Thema, dh es beinhaltet eine Reihe von implizierten und explizierten Werten und ist nicht objektiv oder neutral. Laut Vissier kann Nachhaltigkeit somit als ein werteorientiertes Gesamtkonzept definiert werden, „das die Art und Weise beschreibt, wie die Schnittstelle zwischen der Umwelt und der Gesellschaft (einschließlich ihrer Institutionen und individuellen Mitglieder) gehandhabt wird, um sicherzustellen, dass die menschlichen Bedürfnisse erfüllt werden, ohne die lebenserhaltenden Ökosysteme zu zerstören, von denen wir abhängen.“

Nachhaltigkeit ist somit ein übergeordnetes Ziel, das nur durch das Zusammenspiel verschiedener Aspekte und Akteure erreicht werden kann. Unternehmen gehören hier zu den zentralen Akteuren, obwohl Nachhaltigkeit und somit auch die SDGs kein originäres Unternehmenskonzept darstellt, sondern einen breiten politischen Auftrag innehat. Nichtsdestotrotz wird Nachhaltigkeit und unternehmerische Verantwortung von Unternehmen heute klar gefordert und erwartet  bzw. verantwortungsloses Verhalten durch negative Reputation – bzw. zunehmend durch rechtliche Sanktionen – bestraft – frei nach der von Paul Watzlawick adaptierten Devise „Man kann nicht nicht nachhaltig sein“.

 

2 Hardtke, 2013, S. 75

3 Brundtland, 1987, S. 138

4 Voss, 2012, S. 72

5  Hauff, 1987, S. 137

6 Raschke, 2015, S. 140

Was können Sie tun?

  • Sich mit Nachhaltigkeit und seiner Bedeutung befassen
  • Sich Ihrer Motivlage bewusst werden, dh eine gründliche Auseinandersetzung, warum Sie sich dem Thema stellen
  • Als Kernstück dafür eine fundierte und mit echten Stakeholder-Dialogen (Diskursen) unterlegte Wesentlichkeitsanalyse erstellen
  • Ihre AUSWIRKUNGEN in den Mittelpunkt stellen, keine (Wunsch)themen und Ziele
  • Ressourcen dafür bereitstellen
  • Erst dann nach außen kommunizieren wenn Sie etwas zu kommunizieren haben
  • Dran bleiben und nicht aufgeben

Was können wir für Sie tun?

  • Vorträge und In-House-Seminare zu Nachhaltigkeit und CSR
  • Unterstützung beim Aufsetzen von Nachhaltigkeits- und CSR-Prozessen
  • Ethikbasiertes Stakeholder Engagement
  • Konzeption und Begleitung von Wesentlichkeitsprozessen
  • Coaching und Begleitung von Management und CSR- bzw. Nachhaltigkeits-Verantwortlichen (keine Umsetzung – die muss im Haus passieren, um wirken zu können)

Weiterführende Literatur

  1. Berg, C. 2020. Ist Nachhaltigkeit utopisch? Wie wir Barrieren überwinden und zukunftsfähig handeln. Oekom.
  2. Kromp-Kolb, H. 2020. Warum die Nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO (SDGs) so wichtig sind. In:  Verein Ökologie und Umweltforschung, Umwelt. Schriftenreihe für Ökologie und Ethologie, Verlag Facultas
  3. Rat für Nachhaltige Entwicklung. (2019a). Checkliste für die Erklärung nach dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex. 2.
  4. Scherer, A. G., & Palazzo, G. 2011. The New Political Role of Business in a Globalized World: A Review of a New Perspective on CSR and its Implications for the Firm, Governance, and Democracy. Journal of Management Studies, 48(4), 32.
  5. Visser, W. 2014. CSR 2.0 Transforming Corporate Sustainability and Responsibility. Springer.